Prävention

Gesundheit fördern und Erkrankungen verhindern – das sind die übergeordneten Ziele von Präventionsmaßnahmen. Sie stärken insbesondere die Gesundheitskompetenz und befähigen die Menschen dazu, selbst Gesundheitsentscheidungen treffen zu können. Bei digitalen Präventionsangeboten übernehmen digitale Technologien ganz oder teilweise die Aufgaben von Therapeut:innen und Trainer:innen.

Der Spitzenverband digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV) setzt sich für einen präventionsorientierten Paradigmenwechsel im deutschen Gesundheitssystem ein, das sich bislang auf die Behandlung von Erkrankungen fokussiert. Stattdessen sollte sich der Versorgungsschwerpunkt auf die Förderung eines gesundheitsfördernden Lebensstils und damit auf die Vermeidung von Erkrankungen verlagern.

  • Beispiele für digitale Präventionsangebote sind Internet-basierte Gesundheitsinformationen und Schulungen sowie Smartphone-Apps zur Unterstützung eines gesundheitsfördernden Verhaltens.
  • Die Kosten digitaler Präventionsangebote werden unter bestimmten Bedingungen ganz oder teilweise von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
  • Digitale Präventionsangebote unterscheiden sich von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) unter anderem hinsichtlich der Zielsetzung und der regulatorischen Rahmenbedingungen.
  • Wesentliche Vorteile digitaler Präventionsangebote sind ihre flexiblen, orts- und zeitunabhängigen Einsatzmöglichkeiten sowie ihre Skalierbarkeit.

Was sind digitale Präventionsangebote? 

Bei digitalen Angeboten zur Prävention und Gesundheitsförderung übernehmen digitale Technologien Aufgaben, die in analogen Präventionsprogrammen Menschen erledigen. Grundsätzlich verfolgen digitale Präventionsmaßnahmen dieselben Ziele wie traditionelle analoge Präventionsprogramme:

  • Gesundheit fördern
  • Erkrankungen und Unfälle vermeiden
  • Verschlechterung (Progression) einer bestehenden Erkrankung verlangsamen oder verhindern

Dabei können verschiedene digitale Technologien einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Beispiele sind: 

  • Internet-basierte Informationen und Programme
  • Smartphone-Apps
  • Sprachassistenten
  • Wearables 

Digitale Präventionsangebote können auch im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder von Rehabilitationsmaßnahmen (Sekundärprävention) eingesetzt werden. 

Im erweiterten Sinne lassen sich auch medizinische Lifestyle-Technologien wie Fitness-Tracker oder Selbstvermessungs-Apps (Quantified Self) dem Bereich der digitalen Prävention zuordnen.

Beispiele für digitale Präventionsangebote

Das vielfältige Angebot digitaler Präventionsangebote lässt sich unter anderem nach den folgenden Kriterien unterscheiden:

Nach dem „Digital-Anteil“

  • Bei ausschließlich digitalen Präventionsmaßnahmen werden alle Intervention mithilfe digitaler Technologien durchgeführt – zum Beispiel per Smartphone-App, Online-Trainings oder Wearables.
  • Hybride Präventionsangebote verknüpfen digitale mit analogen Interventionen im Sinne eines „blended learnings“ – zum Beispiel eine Smartphone-App zur Herzgesundheit als Unterstützung für die Teilnehmenden einer Herzsportgruppe. 

Nach dem Präventionssetting

  • Verhaltensprävention: Digitale Lösungen können eine individuelle Verhaltensänderung unterstützen, beispielsweise hinsichtlich Ernährung, Bewegung, Stressmanagement oder Suchtverhalten.
  • Verhältnisprävention: Mit digitalen Technologien können nachteilige Lebensbedingungen von Einzelnen oder Gruppen positiv beeinflusst werden – zum Beispiel bei älteren Menschen sowie bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen wie Obdachlose.

Daneben gibt es Präventionsangebote, die beide genannten Formen mischen.

Nach der Zielgruppe

  • für Einzelpersonen oder Gruppen mit bestimmten Risikofaktoren oder einer bereits eingetretenen Erkrankung: Zu diesen Angeboten zählen Smartphone-Apps zur Gewichtsreduktion bei Adipositas oder Online-Schulungsprogramme für Menschen mit Diabetes.
  • für die Gesamtbevölkerung oder größere Bevölkerungsgruppen: Beispiele sind Websites zur Aufklärung über Infektionserkrankungen oder die Corona-Warn-App

Wer übernimmt die Kosten digitaler Präventionsangebote? 

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nach § 20 Absatz 4 SGB V unter bestimmten Bedingungen ganz oder teilweise die Kosten digitaler Präventionsangebote. Voraussetzung dafür ist ihre Zertifizierung durch die Zentrale Prüfstelle Prävention des GKV-Spitzenverbandes nach dem „Leitfaden Prävention Kapitel 7“. Dazu müssen sie bestimmte Anforderungen erfüllen, zum Beispiel: 

  • Der gesundheitliche Nutzen des digitalen Präventionsangebots muss in einer wissenschaftlichen Studie mit Handlungsfeld- beziehungsweise Präventionsprinzip-bezogenen Endpunkten nachgewiesen werden.
  • Konzept und Inhalte des Präventionsangebots müssen bestimmten qualitativen Ansprüchen genügen.
  • Die digitalen Präventionsangebote müssen eines von vier Handlungsfelder adressieren: Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stress- und Ressourcen-Management sowie Suchtmittelkonsum.

Wie unterscheiden sich digitale Präventionsangebote von DiGA? 

Digitale Präventionsangebote nach § 20 Absatz 4 SGB V unterscheiden sich deutlich von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) nach § 33a SGB V.

Digitale Präventionsangebote Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Rechtsgrundlage § 20 Absatz 4 SGB V § 33a SGB V
Ziel Ausschließlich Verhinderung von Erkrankungen
☑ Es muss keine medizinische Indikation bestehen.
Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen
☑ Es muss eine medizinische Indikation bestehen.
Regulatorische Anforderung Verwendete digitale Technologien müssen kein Medizinprodukt sein. Digitale Technologien müssen als Medizinprodukte der Risikoklassen I, IIa oder IIb zertifiziert sein.
„Zulassung“ Durch die Zentrale Prüfstelle Prävention des GKV-Spitzenverbandes Durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
Kostenübernahme durch Krankenkassen Variabel – häufig tragen die Versicherten einen Eigenanteil Zu 100 %, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt

Chancen der digitalen Prävention

Im Vergleich zu traditionellen, analogen Interventionen haben digitale Präventionsangebote eine Reihe von Vorteilen:

  • Niederschwelliger Einstieg: Die Nutzenden können digitale Interventionen ohne Wartezeit oder organisatorische Hürden sofort beginnen. Außerdem kann es manchen Menschen leichter fallen, digitale Präventionsangebote zu nutzen, die analoge Programme aus Sorge vor Stigmatisierung meiden.
  • Flexibel einsetzbar, zeit- und ortsungebunden: Digitale Präventionsangebote stehen zu jeder Zeit und überall zur Verfügung. Dadurch können auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, in strukturschwachen Regionen oder mit wenig Zeit Präventionsmaßnahmen einfach in ihren Tagesablauf integrieren. 
  • Skalierbar: An digitalen Präventionsangeboten können grundsätzlich beliebig viele Menschen teilnehmen. Sie sind unabhängig von verfügbaren Räumlichkeiten sowie von Therapeut:innen oder Trainer:innen.
  • Individualisierbar: Es ist möglich, digitale Präventionsangebote auf die Bedürfnisse der einzelnen Nutzenden zuzuschneiden, beispielsweise mit verschiedenen Modulen oder Versionen.

Hürden für den Einsatz digitaler Präventionsangebote

Der Nutzung digitaler Präventionsangebote stößt auf ähnliche Hürden wie traditionelle Präventionsprogramme:

  • Prävention hat im aktuellen deutschen Gesundheitssystem einen geringen Stellenwert. Nur 3,5 % der Gesundheitsausgaben fließen in die Bereiche Prävention und Früherkennung. Es fehlt zudem eine übergeordnete Strategie für Prävention und Gesundheitsförderung.
  • Die Versicherten müssen bei vielen Präventionsangeboten zunächst in finanzielle Vorleistung gehen, bevor die Krankenkassen die Kosten (teilweise) erstatten.
  • Durch die mangelnde Information kennen viele Versicherten die verfügbaren Präventionsangebote nicht.

Ausblick: Zukünftige Entwicklung digitaler Präventionsangebote

Für die weitere Entwicklung (digitaler) Präventionsangebote ist es wichtig, dass sich der Fokus des Gesundheitssystems von der aktuellen Reparaturmedizin in Richtung Präventionsmedizin verändert. Eine zunehmend wichtige Rolle könnten hybride Präventionsmodelle spielen, in denen sich digitale und analoge Interventionen ergänzen. Schließlich bietet die Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten, individuelle Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende präventive Maßnahmen einzuleiten.

Antworten auf häufige Fragen zu digitalen Präventionsangeboten

Was sind digitale Präventionsangebote? 

Ähnlich wie analoge Präventionsprogramme zielen digitale Präventionsangebote darauf, die Gesundheit zu fördern und Erkrankungen zu verhindern. Dabei übernehmen digitale Technologien Aufgaben, die in der traditionellen Prävention Menschen (zum Beispiel Kursleiter:innen) ausführen.

Welche Beispiele gibt es für digitale Präventionsangebote?

Zu den digitalen Präventionsangeboten gehören zum Beispiel Websites zur Gesundheitsaufklärung, Smartphone-Apps zur Gewichtsreduktion oder Bewegungsförderung, Online-Schulungsprogramme für Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen und Wearables wie Fitness Tracker.

Wie unterscheiden sich DiGA von digitalen Präventionsangeboten?

  • Digitale Präventionsangebote nach § 20 Absatz 4 SGB V richten sich an Menschen, bei denen kein Behandlungsbedarf (medizinische Indikation) besteht. Es geht darum, Erkrankungen zu verhindern. Die gesetzlichen Krankenkassen können die Kosten für digitale Präventionsangebote unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise erstatten. 
  • Dagegen können Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen DiGA nach § 33a SGB V ausschließlich Menschen mit einer bestimmten medizinischen Indikation (Erkrankung) verordnen. Dann übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer verordneten DiGA zu 100%. 

Daneben bestehen weitere Unterschiede hinsichtlich der „Zulassung“ von digitalen Präventionsangeboten und DiGA.

Was sind die Vorteile digitaler Präventionsangebote?

Digitale Präventionsprogramme ermöglichen einen niederschwelligen Einstieg in die Gesundheitsförderung. Sie stehen vielen Menschen orts- und zeitungebunden sowie unabhängig von personellen Ressourcen zur Verfügung.

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